Weltdrogentag am 26. Juni: Der Umgang mit der Volksdroge Alkohol ist unverantwortlich

Am Alkohol sterben rund viermal so viele Deutsche wie im Straßenverkehr. Dies hat soeben das Statistische Bundesamt bekanntgegeben. Anlass dafür ist der Internationale Weltdrogentag. Demnach kamen im Jahr 2012 bei Verkehrsunfällen auf deutschen Straßen 3.827 Menschen ums Leben. Am Alkohol starben in der gleichen Zeit 14.551 Deutsche. Die meisten fielen Organerkrankungen, insbesondere der Leber, oder psychischen Problemen und an deren Folgen zum Opfer.

 

Soweit die Statistik. Sie ist recht oberflächlich. Die Bundesstatistiker haben nämlich nur jene Todesfälle gezählt, bei denen der Arzt auf dem Totenschein eine entsprechende Notiz angebracht hat, weil er Alkohol als eine Ursache für das Ableben erkennen konnte. Die Deutsche Hauptstelle für Sucht (DHS) geht davon aus, dass es weit mehr Tote in Deutschland gibt, bei denen Alkohol eine Rolle spielt. Eine Universitätsstudie aus Greifswald sprach 2002 zum Beispiel von rund 80.000 Alkohol-Opfern.

Weltdrogentag – in Wahrheit ein Tag der Kapitulation

Die Bundesstatistik ist dennoch ein deutlicher Beleg für das Versagen der Gesellschaft und des Staates. Der Weltdrogentag ist in Wahrheit ein Tag der Kapitulation. Denn während man für den Straßenverkehr geschult wird und einen Führerschein erwerben muss, um daran teilnehmen zu dürfen, ist der Griff zur Flasche ohne jede Vorkenntnis erlaubt. Mit all den bekannten Folgen.

 

Die Kraftfahrzeugindustrie unternimmt immense Anstrengungen, um ihre Vehikel so sicher zu machen wie nur irgend möglich. Der Druck in- und ausländischer Konkurrenten lässt ihnen gar keine andere Wahl. Die Alkoholindustrie dagegen liefert den Stoff an jeden, der ihn bezahlen kann, ohne die geringsten Sicherheitsvorkehrungen oder Hilfestellungen, falls etwas schiefgeht bei der Lust an der legalen Droge Alkohol.

Weltdrogentag - Zynischer Vergleich zwischen Alkoholtoten und Verkehrstoten

Der Vergleich zwischen Alkoholtoten und Toten im Straßenverkehr ist so gesehen zynisch und menschenverachtend. Es gibt zwar ein Gesetz, das die Abgabe von alkoholischen Getränken (Bier, Wein, Sekt) an Kinder unter 16 Jahren verbietet. Bei Schnaps beträgt die Altersgrenze 18 Jahre. Im Kapitel "Das Ich der Droge" im Buch "Neben Ich" über unser Körperkonglomerat heißt es drastisch: „Ein Fünfzehnjähriger darf sich keinen Alkohol kaufen. Aber an seinem 16. Geburtstag ist es ihm erlaubt, sich mit Bier, Wein und Sekt legal zu betrinken. Wenn er sich bis dahin streng an das Gesetz gehalten hat, bekommt er die Dröhnung völlig unvorbereitet ab. Er kennt weder die Wirkung noch die möglichen Folgen der Trunkenheit für ihn.“

 

Auf den Rausch wird in unserer Gesellschaft nicht vorbereitet. Zitat aus dem angeführten Buch: „In anderen gefahrvollen Lebensbereichen sind wir keineswegs so unverantwortlich. Wer schenkt schon einem Jugendlichen ein schnelles Auto, zeigt ihm, wo der Zündschlüssel rein muss und ermuntert ihn grinsend: ‚So, jetzt anlassen, Gang rein, Bremse raus, Vollgas und los geht die Fahrt!‘“

 

Es gibt keinerlei Anleitung für den Umgang mit der Volksdroge Alkohol. Statt Drogenaufklärung lässt man die Menschen in den Suff stolpern, ohne auch nur den geringsten Versuch zu machen, sie auf die bestmögliche Handhabung der Hauptdroge dieser Gesellschaft vorzubereiten.

Weltdrogentag - Alkoholkonsum ist Normalität

Seit Jahren werden zwar immer mal wieder ein „Drogenführerschein“ oder „Drogenschulung“ vorgeschlagen. Diese Unterfangen bleiben jedoch ohne jeden Erfolg. Stets geht ein Aufschrei der Entrüstung durchs Volk: Nein, man dürfe den Drogenkonsum doch nicht auch noch schulen. – Also einfach laufen lassen, die Suchttoten statistisch erfassen und bedauern oder ermahnen, je nach Gusto.

 

Die Spitzen des Staates leben vor, dass Alkoholkonsum Normalität ist. Ein leibhaftiger Bundespräsident nebst Gattin beehrte mit seiner Anwesenheit das größte Drogenereignis Deutschlands, das Oktoberfest. Vorgeworfen wurde ihm nicht der Drogenkonsum, sondern nur, dass er sich dabei in korrumpierender Weise habe einladen lassen. Das Oktoberfest wird von Repräsentanten des Staates eröffnet. Sie machen das Fass auf. So ist es auch in anderen Gegenden bei anderen Alkoholfesten.

Weltdrogentag - Wirkliche Drogenbeauftragte gehören an die Suchtstätten, nicht in Bürokomplexe

Der Staat garantiert die Reinheit der Droge Alkohol, insbesondere die des Bieres. Der Staat zwingt Winzer und Abfüller zur Zahlung von Weinwerbung im Deutschen Weinfonds, einer Anstalt öffentlichen Rechts. Das Bundesverfassungsgericht höchstselbst hat diese Praxis für rechtens erklärt. Der Staat kassiert Milliarden Euro Steuern aus dem Drogengeschäft mit Alkohol. Und der gleiche Staat zählt die Toten, die dabei herauskommen und hebt den Zeigefinger. Das ist so gut wie alles. Aber das ist offenkundig viel zu wenig. Die Berichte über das Komasaufen Jugendlicher und die Statistiken über Alkoholtote zeigen es immer von neuem. Sie werden vorgelegt von den sogenannten Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Und damit hat es sich weitgehend.

 

Gehörten wirkliche Drogenbeauftragte nicht eigentlich in die Suchtstätten, anstatt in einen regierungsamtlichen Bürotrakt in Berlin? Wirkliche Drogenbeauftragte gehörten doch dorthin, wo legal konsumiert wird, um evtl. negative Folgen des Konsums zu verhindern.

 

Noch ein Zitat aus „Das Ich der Droge“: „Wir sollten nicht vergessen: das Trinken ist legal. Der Betrunkene ist kein Krimineller. Der Rausch ist kein Verbrechen, nicht einmal ein Vergehen, sondern ein weitverbreitetes und sehr beliebtes Vergnügen. Strafbar sind allein gesetzeswidrige Taten, die wir trunken eventuell begehen, wenn wir nicht mehr aller Sinne mächtig sein können.“ – Daraus ergäbe sich die Frage: „Müssten wirkliche Drogenbeauftragte nicht tatsächlich die Organisatoren des Drogenkonsums sein – der gesamten Logistik? Auch der Maßnahmen, die dafür da sind, Angetrunkene vor Schaden und vor Straffälligkeit zu bewahren?“ – Und weiter: „Heute ist es ja eher üblich abzufüllen, abzukassieren und den Trunkenen seinem Schicksal zu überlassen. Egal ob er tot oder lebendig nach Hause kommt. Kann das wirklich so bleiben? - Bislang ist das, was einer Obrigkeit einfällt, die Riesensummen an Steuern aus den legalen Drogen einheimst: Auf Betrunkene zu lauern, ihnen Bußgeld aufzubrummen und den Führerschein zu nehmen. Ist das eines fürsorglichen Gemeinwesens würdig?“

Weltdrogentag – Wo sind die blauen Engel, wer organisiert das blaue Telefon?

Drogenbeauftragte, die den Namen verdienen, die sich zuständig fühlen und die auch zuständig sind für die Drogenkonsumenten: Das wäre Fortschritt.

 

Stattdessen denken staatliche Stellen und auch diverse Hilfsorganisationen vor allem an Verbote, um Suchtfolgen zu verhindern.. Aber wie kann man verbieten, was doch legal ist, was der Staat sogar fördert und unterstützt: die nationale Trinkkultur mit Bier und Wein? Wäre es nicht längst an der Zeit, stattdessen zu helfen? Den Umgang mit der Droge zu lehren, zu zeigen, wie Auswüchse zu vermeiden sind, und wenn es passiert, wenn der legale Rausch zu heftig ausfällt, helfend einzugreifen und zu retten, anstatt Leichen und Krüppel zu zählen?

 

Wo sind die blauen Engel, wer organisiert das blaue Telefon zur Rettung all der Schiffbrüchigen im Meer unserer Volksdroge Alkohol?

Weltdrogentag – ein Alkoholgürtel von Eurasien bis Amerika

Seit der Steinzeit wird Vergorenes vor allem auf der nördlichen Halbkugel konsumiert. Ganz Eurasien ist ein blaues Band, und es zieht sich hinüber bis in den amerikanischen Kontinent. Dass sich in diesem Alkoholgürtel der Erde heute die wohlhabendsten Regionen befinden, grenzt an ein blaues Wunder und sollte längst wissenschaftlich untersucht werden. Wie passt das zusammen, dass ausgerechnet in jenen Ländern, in denen Alkohol in beachtlichem Umfang konsumiert wird, der Wohlstand und sogar die Lebenserwartung ihrer Bewohner besonders hoch sind?

 

Auch die Menschen anderer Gebiete der Erde kommen ohne Drogen nicht aus. Keine Kultur kann sie offensichtlich entbehren. Eine Kulturgeschichte der Drogen müsste längst geschrieben werden mit der Zielrichtung: „Warum?“

 

In „Das Ich der Droge“ heißt es: „In unserem Konglomerat wirken körpereigene (endogene) Drogen. Manche werden im Gehirn erzeugt, in der Hypophyse und im Hypothalamus. Es handelt sich um Morphine, die tatsächlich in uns selbst produziert werden. Man bezeichnet sie daher als Endorphine, eine Wortverbindung aus endogen und Morphin. Endorphine steuern u. a. unser Schmerzempfinden und die Produktion von Sexualhormonen. Auch euphorische Empfindungen sollen durch Endorphine hervorgerufen werden können.“

 

Wenn man bedenke, dass auch im Darm drogenähnliche Substanzen produziert werden, wie etwa das Glückshormon Serotonin und weitere, müsse man sich da eigentlich noch wundern, dass der menschliche Organismus für Drogen gewissermaßen disponiert sei. Womöglich sei die menschliche Spezies streng genommen noch nie wirklich clean gewesen.

Drogen - und dazu gehört die Volksdroge Alkohol ganz zuoberst - sind ein faszinierendes, ein zutiefst menschliches Thema. Ein Weltdrogentag, dem nichts Besseres dazu einfällt, als die Toten zu zählen, ist ein Armutszeugnis.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0